In Österreich gehört die Familienbeihilfe zu den wesentlichen Säulen des Systems der Familienförderung. Es handelt sich dabei um eine direkte Transferleistung an Anspruchsberechtigte, mit welcher die Kosten der Eltern zur Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern ausgeglichen werden soll.
Damit stellt die Familie einen besonderen Wert in der Gesellschaft dar. So wird davon ausgegangen, dass die Familie viele Funktionen erfüllt, die vom Staat allein nicht bewältigt werden kann. Hierzu gehört vor allem der Weiterbestand der Gesellschaft, die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse der Kinder sowie die Sorge für Erziehung und Entwicklung.
Aufgrund dieses besonderen Stellenwertes der Familie wurde in Österreich im Jahr 1955 das erste so genannte Familienlastenausgleichsgesetz (kurz: FLAG) erlassen, welches entsprechend dem Gesetzestext für den Ausgleich der finanziellen Mehrbelastung durch Ernährung, Kleidung sowie häusliche Unterbringung und Erziehung von Kindern schafft. Dieser Ausgleich soll dabei nicht nur aufgrund einer sozialen Gerechtigkeit erfolgen, sondern auch aufgrund einer gesellschaftlich existenziellen Notwendigkeit.
Aus diesem Grund wurde der Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (kurz: FLAF) geschaffen, der ein Instrument zum Ausgleich der Lasten zwischen unterhaltspflichtigen Eltern und Kindern darstellt. Dieser Fonds wird mit Beiträgen von Arbeitgebern auf der Basis von Bruttolohnsummen nichtselbständiger Arbeitnehmer, aus Anteilen der Körperschafts- und Einkommenssteuer sowie aus Beiträgen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und Bundesländer finanziert. Prinzipiell trägt also jede Bevölkerungsgruppe im Land dazu bei, dass dieser Fonds existieren kann, wobei jedoch nur Personen mit Kindern auch Leistungen daraus enthalten
Anspruchsvoraussetzungen für Familienbeihilfe
In Österreich haben generell alle Eltern einen Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei die Höhe des Einkommens dabei keine Rolle spielt. Wichtigste Voraussetzungen dafür ist jedoch, dass sich ihr Lebensmittelpunkt – also der ständige Aufenthaltsort – in Österreich befindet und das Kind im gemeinsamen Haushalt lebt. Die Mutter ist dabei entsprechend der gesetzlichen Anordnung vorrangige Anspruchsberechtigte.
Lebt ein Kind in einem anderen Haushalt, als dem der beiden Eltern, so haben auch die Personen einen Anspruch auf Familienbeihilfe, die in diesem Fall für die Unterhaltskosten des Kindes aufkommen. Generell gelten per Gesetz auch Adoptiv-, Stief-, Pflege- und Großeltern als Eltern.
Kommen Eltern ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht nach, hat das Kind einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe. Generell haben minderjährige Kinder ohne Erfüllung von weiteren Erfordernissen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres einen Anspruch auf Familienbeihilfe. Ein Erhöhungszuschlag wird dann gewährt, wenn das Kind durch eine erhebliche Behinderung beeinträchtigt ist. Sobald das Kind volljährig ist und einen Beruf erlernt, kann bis zum 24. Geburtstag Familienbeihilfe beantragt werden. Die Anspruchsdauer verlängert sich bis zum 25. Lebensjahr, wenn das Kind entweder den Zivil-, Präsenz- oder Ausbildungsdienst geleistet oder selbst ein Kind geboren hat.
Auch bei Schwangerschaft oder Behinderung ist eine Verlängerung möglich. Seit dem 1. Juli 2011 ist außerdem eine Verlängerung der Anspruchsdauer möglich, wenn das Kind ein Studium beginnt, welches mindestens 10 Semester umfasst und im dem Jahr begonnen wurde, in dem das 19. Lebensjahr vollendet wurde. Gleiches gilt für Kinder, die eine freiwillige Hilfstätigkeit bei einem gemeinnützigen Träger oder der freien Wohlfahrt im Inland absolvieren. Bei Kindern mit dauernder Erwerbsunfähigkeit gibt es für die Anspruchsdauer keine Altersbegrenzung, sofern die Erwerbsunfähigkeit bereits vor Vollendung des 21. Lebensjahres (während Berufsausbildung vor Vollendung des 25. Lebensjahres) eingetreten ist.
(Quelle: http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?angid=1&stid=433593&dstid=0)
Bürger aus dem EU/EWR-Raum und der Schweiz
Einen Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch Bürger aus der europäischen Union, dem europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz. Voraussetzung dafür ist allerdings, vdass sie im Bundesgebiet einer nichtselbständigen oder selbständigen Tätigkeit nachgehen. Nur so kann auch die Verordnung Nr. 883/04 zur „Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit“ greifen. Das bedeutet, dass nur dann die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit gelten, wenn Arbeitnehmer bzw. Selbständige und deren Familienangehörige innerhalb der Gemeinschaft zu- oder abwandern.
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer oder auch Selbständige in dem Staat einen Anspruch auf Familienleistungen, in dem sie einer Beschäftigung nachgehen. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Familie ständig in einem anderen Staat der EU, des EWR oder der Schweiz aufhält. Sind die Elternteile in unterschiedlichen Staaten erwerbstätig und es treten in beiden Staaten Ansprüche auf, so ist das Wohnlandprinzip anzuwenden. In diesen Fällen werden Familienleistungen in dem Staat gewährt, in dem der ständige Wohnsitz der Familie ist.
Bürger der EU, aus EWR-Staaten oder der Schweiz haben auch bei fehlender Erwerbstätigkeit einen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sich der ständige Wohnsitz im Bundesgebiet Österreich befindet. Sie müssen allerdings vorhandene und ausreichende Existenzmittel und auch eine Krankenversicherung, die in Österreich leistungspflichtig ist, nachweisen. Generell müssen Bürger aus der EU, aus der Schweiz oder aus EWR-Staaten eine Anmeldebescheinigung nach § 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsrechts 2005 beantragen. Studenten aus den vorgenannten Staaten haben allerdings keinen Anspruch auf Leistungen der Familienbeihilfe.
Bürger aus Drittstaaten
Wer aus einem Drittstaat kommt, hat nur dann einen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sich sein ständiger Wohnsitz in Österreich befindet. Auch hier muss eine Anmeldebescheinigung vorliegen. Auch allen Personen, denen ein Asyl gewährt worden ist, haben für ihre Kinder Familienbeihilfeanspruch, sofern auch den Kindern Asyl gewährt wurde. Auch hier haben aber Studierende keinen Anspruch.
Der Antrag für die Familienbeihilfe
Beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt kann der Antrag auf Familienbeihilfe gestellt werden. Alle zwei Monate, jeweils für einen Monat im Voraus, erfolgt die Auszahlung der Familienbeihilfe. Über FinanzOnline kann der Antrag auf Familienbeihilfe inzwischen schnell auch von zu Hause auf elektronischem Weg an das zuständige Finanzamt übermittelt werden.
Generell kann der Antrag natürlich auch schriftlich gestellt werden. Die Formulare sind auf der Internetseite des Bundesministeriums für Finanzen (Österreich) zu finden. Persönliche Vorsprachen beim Finanzamt bedeuten nicht, dass die die Bearbeitungsdauer sich verkürzt und sind in der Regel auch nicht notwendig.
Beitragshöhe der Familienbeihilfe
Die Familienbeihilfe wird pro Kind und Monat gewährt und beträgt
- ab der Geburt 105,40 EUR
- ab 3 Jahren 112,70 EUR
- ab 10 Jahren 130,90 EUR
- ab 19 Jahren 152,70 EUR
Entsprechend der Anzahl der Kinder erhöht sich der Gesamtbetrag der Familienbeihilfen aufgrund der Geschwisterstaffelung wie folgt:
- für 2 Kinder um 12,80 EUR
- für 3 Kinder um 47,80 EUR
- für 4 Kinder um 97,80 EUR
- für jedes weitere Kind um 50,00 EUR
Für Kinder mit erheblicher Behinderung liegt der Zuschlag bei 138,30 EUR monatlich.
Kinderabsetzbetrag, Schulstartgeld und Mehrkinderzuschlag
Zusätzlich zur Familienbeihilfe gibt es noch weitere finanzielle Unterstützungen für Familien. Hierzu gehören:
- Kinderabsetzbetrag: 58,40 EUR werden zusätzlich zur Familienbeihilfe für jedes Kind gezahlt und müssen nicht beantragt werden.
- Schulstartgeld: Im September jeden Jahres wird für Kinder zwischen 6 und 15 Jahren ein Schulstartgeld in Höhe von 100 EUR gezahlt. Es muss nicht gesondert beantragt werden.
- Mehrkindzuschlag: Monatlich kann für jedes dritte und weitere Kind ein Mehrkindzuschlag von 20 EUR beantragt werden, wenn das zu versteuernde Familieneinkommen im Vorjahr 55.000 EUR nicht überschritten hat.
Die Auszahlung der Familienbeihilfe erfolgt immer in einem bestimmten Rhythmus und wird für zwei Monate im Voraus gezahlt. Das Schulstartgeld wird entweder im August oder September mit der jeweiligen Familienbeihilfe ausgezahlt.
(Quelle: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/8/Seite.080713.html)
Familienbeihilfe für Kinder mit Behinderung
Zusätzlich zur allgemeinen Familienbeihilfe wird für Kinder mit einer erheblichen Behinderung ein Erhöhungszuschlag von monatlich 138,30 EUR gezahlt. Unter folgenden Voraussetzungen wird dieser gewährt:
- gesundheitliche Beeinträchtigung darf nicht nur vorübergehend bestehen (Dauer voraussichtlich mehr als 3 Jahre)
- Behinderungsgrad muss bei mindestens 50 Prozent liegen
- Kind ist voraussichtlich auf Dauer nicht in der Lage, seinen Unterhalt selbst zu erwirtschaften
Die erhöhte Familienbeihilfe wird bei einem Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent solange gewährt, wie auch die allgemeine Familienbeihilfe gezahlt wird. Bei Volljährigkeit des Kindes müssen deshalb auch die Voraussetzungen für volljährige Kinder erfüllt werden, damit der Anspruch weiterlaufen kann.
Der Behinderungsgrad oder die voraussichtliche Dauer der Erwerbsunfähigkeit müssen mit einer Bescheinigung vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen nachgewiesen werden. Hierzu ist ein ärztliches Sachverständigengutachten notwendig. Die Kosten für die Bescheinigung und das Gutachten werden vom Ausgleichsfonds übernommen.
Freiwilligentätigkeit
Auch im Rahmen der Freiwilligentätigkeit wird seit 1. Juni 2012 die Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres gezahlt. Zu den Freiwilligentätigkeiten zählen
- Freiwilliges soziales Jahr
- Freiwilliges Umweltschutzjahr
- Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland
- Europäischer Freiwilligendienst
Vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz müssen die Träger für Freiwilligentätigkeiten anerkannt sein. Generell darf die gleiche Freiwilligentätigkeit gemäß dem Freiwilligengesetz nicht zweimal absolviert werden. Verschiedene Tätigkeiten im Freiwilligendienst dürfen allerdings nacheinander ausgeführt werden. Freiwilligentätigkeiten dauern meist 6 bis 12 Monate, aber auch kürzere Zeiträume sind möglich.
Einkommen des Kindes
Sind die Kinder volljährig, dürfen sie ein eigenes zu versteuerndes Einkommen von höchstens 10.000 EUR pro Kalenderjahr erwirtschaften, um den Familienbeihilfeanspruch zu erhalten. Dieser Betrag entspricht der Bemessungsgrundlage der Lohn- bzw. Einkommenssteuer, ein 13. oder 14. Monatsgehalt wird hier nicht mitgerechnet. Das zu versteuernde Einkommen wird aber nicht durch Lehrlingsentgelte, Waisenpensionen oder Waisenversorgungsgenüsse erhöht.
Direktauszahlung an Volljährige
Ab September 2013 soll es zukünftig eine Direktauszahlung der Familienbeihilfe an Volljährige geben. So können Volljährige, die einen Anspruch auf Familienbeihilfe haben, beim Finanzamt die Überweisung auf ihr eigenes Girokonto beantragen. Das Familienministerium in Österreich will damit eine Unterstützung für junge Menschen bieten, die zu Selbständigkeit und Eigenverantwortung aufruft. Die volljährigen Kinder erhalten außerdem automatisch auch den Kinderabsetzbetrag ausgezahlt.
Für die Direktauszahlung der Familienbeihilfe müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- der oder die Anspruchsberechtigte der Familienbeihilfe (i. d. R. Mutter oder Vater) müssen der Direktauszahlung zustimmen
- Eltern bleiben Anspruchsberechtigte, da es sonst zu steuer- und unterhaltsrechtlichen Problemen kommen kann
- Barauszahlungen sind nicht möglich, nur Überweisungen auf ein Girokonto
- Direktauszahlung nimmt auf die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen keinen Einfluss